Handgranaten Wehrmacht


Deutsche Handgranaten im Ersten und Zweiten Weltkrieg: Stielhandgranate, Eierhandgranate, Nipolit-Granate.
Geschichte, Entwicklung, Spezifikationen, Statistiken, Bilder und 3D-Modelle.

Stielhandgranate StG 24
Stielhandgranate StG 24

Deutsche Stielhandgranate, Eierhandgranate und Nipolit-Granate.

Stielhandgranate


Stielhandgranate StG24 und StG39
Typ: Handgranate.

Geschichte

Diese Granate war die deutsche Standard-Handgranate. Sie wurde erstmals 1915 im Ersten Weltkrieg eingeführten und in den nachfolgenden Jahren mehrfach über die StG24 bis zur StG39 verbessert, war aber von ihrer ursprünglichen Ausführung nur wenig verändert worden. Sie wurde bei Millionen deutscher Soldaten unter dem Begriff Kartoffel-Stampfer bekannt.

Diese Stielhandgranate bestand aus einem zylindrischen Kopf aus dünnen Metall mit einer hochexplosiven Füllung, auf einen hohlen Holzgriff geschraubt. Das Zündmittel bestand aus Reibungskraftzünder, welcher durch ein kurzes Stück Blei-bedeckter Sicherung mit der Sprengkapsel verbunden war. Das Zugkabel des Reibungszünder befand sich an einem Stück Kordel mit einem Porzellan-Ball am Ende.
Dieser Mechanismus des Abreiß-Zünders wurde praktisch nur in Deutschland verwendet.

Aufbau der deutschen Stielhandgranate
Aufbau einer deutschen Stielhandgranate, welche von 1915 bis 1945 verwendet wurde.

Um die Granate für die Verwendung vorzubereiten, wurde der Griff vom Kopf abgeschraubt und eine Metallkappe vom Unterteil des Griffs entfernt. Die Zündeinheit wurde nun durch den hohlen Griff hindurch gereicht und die Sprengkapsel in einen Stecker im Kopfteil verschraubt. Kopfteil und Griff wurden dann wieder zusammengeschraubt und das Ende der Kordel mit dem Porzellan-Ball in den Hohlgriff hineingesteckt, wo es von einer Federscheibe festgehalten wurde. Die Kappe wurde dann wieder auf das Ende des Griffs geschraubt.
In diesem Zustand konnte die Granate recht sicher getragen werden, zumeist im Gürtel oder in der Stiefelspitze.

Um die Granate zu verwenden, wurde die Verschlusskappe vom Griff entfernt, wodurch der Porzellan-Ball mit der Kordel hinausfiel. Während die Granate in die eine Hand zum Wurf genommen wurde, packte die andere Hand die Kordel. Wenn der Werfer nun seinen Arm zurückschwang, zog er die Kordel heraus, wodurch die Nadel des Reibungszünder durch das Gemisch gezogen wurde und dabei eine Flamme erzeugte, welche die Schmelzsicherung anzündete. Die Granate wurde dann mit dem Oberarm geworfen, wobei die durchschnittliche Reichweite bei 25 bis 30 Metern lag. Bis zur Zündung der Granate dauerte es gute 5 Sekunden und in dieser Zeit musste sie geworfen werden und nach Möglichkeit in der Nähe des Ziels angekommen sein.

deutscher Panzernahkämpfer
Ein deutscher Panzernahkämpfer wartet mit Tellermine und geballter Ladung aus Stielhandgranaten auf die Ankunft sowjetischer Panzer.
Universell als Handgranate verwendet, konnte die Stielhandgranate auch als eine Form von Sprengfalle verwendet werden, indem sie kopfüber an der Zündkordel an ein Stacheldrahthindernis befestigt wurden. So angebracht, verursachte jede Bewegung an dem Stacheldrahthindernis, dass das Gewicht der Granate die Zündkordel aktivierte und den Zünder scharf machte.

Die Stielhandgranate wurde auch zur Bekämpfung von Panzern und Befestigungen verwendet, indem sechs Stielhandgranaten-Sprengköpfe um eine vollständige Granate befestigt wurden. Die vollständige, mittlere Granate diente als Zünder für alle zusammen, was eine erhebliche Sprengwirkung auslöste.

Varianten

Um die Splitterwirkung zu steigern, wurde eine Stahl-Fragmentation-Hülle ausgegeben, welche um den Kopf der Stielhandgranate befestigt wurde.


StG 24: Dies war das ältere Modell, aber grundsätzlich identisch zur StG 39. Sie war 5 cm kürzer und etwas leichter.

Nebelhandgranate 39: In der Erscheinung identisch zur StG 39, aber der Kopf war mit Rauchmitteln gefüllt. Dies war die standardmäßige deutsche Rauchgranate.

StG 43: Identisch zur StG 39, aber der Kopf war dauerhaft am Griff fixiert und ein Zugzünder war in das flache obere Ende des Granatkopfes verschraubt.

Behelfs-Handgranate Holz: Eine Notfall-Granate, welche gegen Kriegsende gebaut wurde. Diese glich der StG 39, bestand aber vollständig aus Holz. Sie verwendete das gleiche Zündsystem, die Wirkung bestand aber ausschließlich aus der Sprengkraft.

Behelfs-Handgranate Beton: Diese Granate trat in Nordafrika auf und es wird angenommen, dass es eine lokale Modifikation war. Sie war der StG 39 in Form und Größe ähnlich, aber der Kopf bestand aus einer 100-Gramm-Sprengladung in einem Gehäuse aus 1,25 cm dicken Beton.


Animation 3d-Modell Stielhandgranate StG 39


Eierhandgranate

Eierhandgranate 39
Typ: Handgranate.

Geschichte

geballte Ladungen aus Stiel- und Eierhandgranaten
Deutsche Soldaten bereiten geballte Ladungen aus Stiel- und Eierhandgranaten vor.
Die Eierhandgranate 39 war die deutsche offensive Handgranate, die einen dünnen Metallkörper mit einem hohen Anteil an Sprengstoff hatte. Die Zündung erfolgte durch den in der Mitte eingeschraubten ‚Brennzünder für Eierhandgranaten‘ (kurz ‚BZE‘).
Um diesen Zünder scharfzumachen, wurde die Kopfkappe abgeschraubt und kräftig von der Granate weggezogen. Die Kappe war durch ein Stück Schnur mit einem Reibungszünder verbunden, der den üblichen Verzögerungszünder und die Sprengkapsel in Gang setzte.

Der Entwurf dieses Zündmechanismus bot sich allerdings für noch einige, zusätzliche Modifikationen an.
Eine offizielle Variante hatte einen Ein-Sekunden-Verzögerungszünder, der die Granate in eine effektive Sprengfalle verwandelte. Um diese Handgranaten zu erkennen wurde die Kappe des Zünders statt des üblichen Hellblau des normalen Modells in Rot lackiert.
Um sie zu benutzen, konnte man sie an einer geeigneten Stelle anbringen. Dazu wurde die Kappe abgeschraubt und mit einem Stolperdraht verbunden. Eine andere Methode war es, diese Granaten in aufgegebenen Stellungen einfach liegenzulassen, in der Hoffnung, dass der Finder versuchen würde, sie auf die normale Weise zu benutzen.
Als dieser Trick jedoch unter den Soldaten der Roten Armee bekannt wurde, entstand eine mehr subtilere, aber inoffizielle Variante. Hierbei wurde der Zündsatz einer Standard-Eierhandgranate entfernt und mit zwei Zangen zerlegt, um den Sicherungsabschnitt zu entfernen. Der Reibungszünder wurde dann direkt in das Zündergehäuse geschraubt und der Zündsatz in die Granate eingesetzt. Diese wurde dann beim Rückzug an einer auffälligen Stelle belassen. Der Effekt war natürlich, dass die Granate gezündet wurde, sobald die Kappe abgezogen wurde.


Um die Eierhandgranate auch in Verteidigungssituation zu verwenden, wurde eine Splitterhülse hergestellt. Diese wurde in zwei identischen, halben Eierformen hergestellt, wobei zwei Teile um eine Granate geklemmt und durch eine Vierteldrehung verriegelt werden konnten. Die Hülsen waren gezackt, aus 24 mm dickem Gusseisen und konnten unter idealen Bedingungen in 96 Fragmente zu je 1,25 x 0,95 mm zersplittern.

Varianten:
Es gab von Zeit zu Zeit zahlreiche kleinere Änderungen in der Herstellung der Eierhandgranaten, aber keine wurde durch eine spezielle Nomenklatur identifiziert.
Die vielleicht bedeutendste Variante war die, bei welcher der Reibungszünder durch einen federbelasteten Schlagbolzen ersetzt wurde. Diese Variante konnte durch eine königsblaue Zündkappe erkannt werden und durch einfaches Abschrauben und Entfernen der Kappe in Gang gesetzt. Dabei wurde der Schlagbolzen freigegeben, der den Verzögerungszünder auslöste.

Eine andere, weniger verbreitete Variante, zeichnete sich durch eine markante Verschraubung um die Mitte der Eierhandgranate herum aus. Dadurch konnte die Sprengladung in einen Formblock eingelassen werden, in die untere Hälfte der Granate fallen und anschließend die obere Hälfte aufgeschraubt werden. Dieses Verfahren wurde während des Krieges entwickelt, um die Produktion zu beschleunigen.


Spezifikationen deutsche Handgranaten

Spezifikationen:

Spezifikation Stielhandgranate 19Eierhandgranate 39
TypHandgranate (defensiv)Handgranate (offensiv)
Länge 40,64 cm7,62 cm
Gewicht 0,62 kg0,28 kg
Sprengmasse 200g TNT170g TNT
Zünder 4,5 Sekunden Verzögerungszünder4-5 Sekunden Verzögerungszünder
Effektive Reichweite25-30 m?


Nipolit-Granate

Einer der vielen herausragenden technischen Innovationen in Deutschland während des Krieges war die Entwicklung eines neuen Sprengstoffes namens Nipolit. Er wurde von der Westfalisch-Anhaltischen Sprengstoff-AG (WASAG), einem bedeutenden Chemie- und Sprengstoffkonzern, entwickelt, um große Mengen des alten Granaten-Treibmittels, welches nicht mehr für seine ursprünglichen ballistischen Zwecke geeignet war, für andere Zwecke verwenden zu können.

Nipolit-Stielhandgranate
Eine deutsche Nipolit-Stielhandgranate und ihre Bestandteile.

Darüber hinaus konnte durch das Verfahren der Verbrauch von Salpetersäure erheblich reduziert werden. Während für 1.000 Tonnen TNT 1.100 Tonnen Säure eingesetzt werden mussten, wurden für 1.000 Tonnen Nipolit nur 430 Tonnen Säure verbraucht.

Die bemerkenswerteste und scheinbar unerwartete Eigenschaft von Nipolit war seine hohe mechanische Festigkeit. Es konnte wie ein Kunststoff geschnitten, geformt, gefräst, mit Gewinden versehen oder aufgebohrt werden.
Die erste Folge dieser Entdeckung scheint ein Vorschlag gewesen zu sein, vorgeformte Füllungen für Granaten und Minen herzustellen. Jedoch kam zweifellos jemand auf den Gedanken, dass die Metallhaut einer offensiven Handgranate oder einer Mine lediglich dafür notwendig ist, diese zusammenzuhalten oder den Sprengstoff zu schützen.
Deshalb wäre es nicht notwendig, irgendeine Hülle um Nipolit zu machen, da das Material selbst wasserdicht und kräftig genug war, um alle notwendigen Komponenten aus Sicherungen und Zündern zusammenzuhalten.

Und so wurde die Nipolit-Granate geboren. Diese bestand aus einem Klumpen Nipolit, gegossen oder in die gewünschte Form geschnitten, gebohrt und für den Zünder gezapft. Mehr war nicht notwendig.
Das erste Modell scheint eine glatte Scheibe aus Nipolit mit 85 mm Durchmesser und 13 mm Dicke gewesen zu sein, mit einem Gewindeloch im Kreisumfang, in welchen der Eierhandgranaten-Zünder eingeschraubt wurde.

Anschließend entstanden Eierhandgranaten, eine große 95 mm lang und eine kleinere, 65 mm lang. Diese bestanden ebenfalls aus einem einfach gedrehten Stück Nipolit mit einem zentralen Loch für den Zünder.
Als Nächstes kam ein Zylinder aus Nipolit, der mit einer Splitterhülse aus Stahl umwickelt war. Dann folgte ein neuer Sprengkopf für die Stielhandgranate, zwangsläufig gefolgt von einer kompletten Stielhandgranate, bei der die gesamte Einheit aus Wurfstab und Sprengkopf, aus einem Stück Nipolit bestanden. Im unteren Teil des Griffes wurde ein Eierhandgranaten-Zünder eingeschraubt und es war nicht mehr nötig, den Zünder in den Kopf zu stecken, da nun die gesamte Granate explosiv war.

Es ist schwierig zu sagen, wie viele dieser Granaten-Typen hergestellt oder noch in den Truppengebrauch ankamen, da ein Großteil der Entwicklung erst gegen Ende 1944 stattfand. Jedoch wurden die Eierhandgranaten und Sprengscheiben eindeutig gegen alliierte Truppen eingesetzt.
Andere Typen, zusammen mit Minenfüllungen und Sprengladungen, wurden in Deutschland nach Kriegsende gefunden.

Es ist vielleicht überraschend, dass an dieser Art von Material offenbar später nicht weiter gearbeitet wurde. Dies ist wahrscheinlich auf die Probleme bei der Lagerung und des Brandschutzes zurückzuführen. Eine normalerweise mit einer Hülle umschlossene Handgranate hat im Vergleich zur Nipolit-Granate ein geringes Brandrisiko, denn ein unverpackter Sprengstoffklumpen stellt selbst in einer Kiste Probleme bei Transport und Lagerung dar und würde heute in den meisten Ländern eindeutig außerhalb der bestehenden Sprengstoff-Regularien und Vorschriften liegen.


Animation 3d-Modell Stielhandgranate StG 24


Quellenangaben und Literatur

The Encyclopedia of Weapons of World War II (Chris Bishop)
The Encyclopedia of Infantry Weapons of World War II (Ian V.Hogg)
Infanterie im 2. Weltkrieg (J.B.King, John Batchelor)


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2 Kommentare zu „Handgranaten Wehrmacht“

  1. Ich würde mir einen Eintrag zu den Eierhandgranaten, wie der britischen Mills Bomb No. 5, wünschen. Es hatten schließlich nicht nur die deutschen Handgranaten zur Verfügung und ansonsten konnte ich keinen Beitrag dazu finden

    1. Kommt noch, leider ist die Zeit begrenzt und dieser Handgranaten-Beitrag hat leider noch nicht soviel Aufrufe (Interesse) wie andere Themen hier.

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