16-Ostfront 1944


Wehrmachts-Bilder von der Ostfront 1944 im 2. Weltkrieg.

Bilder von der Ostfront an der Narva-Front im Baltikum aus dem ersten Halbjahr und aus Polen von der Weichselfront aus dem zweiten Halbjahr 1944. Mit zunehmender Dauer des 2. Weltkrieges wurden viele Materialien knapper, so auch Filme für Fotoapparate und wie hier dokumentiert ist, auch für Kalender. So sind Aufnahmen aus dem letzten Kriegsjahr leider wesentlich seltener.


 


Die Ostfront bis zum Spätsommer 1944


Im Winter 1943/44 hatte die Rote Armee ihre Streitkräfte im Brückenkopf von Oranienburg aufgestockt und erwartete, die deutschen Truppen der Heeresgruppe Nord zurückdrängen, dass die Belagerung von Leningrad vollständig aufgehoben wird und der nordöstliche Teil des sowjetischen Staatsgebietes zurückerobert wird.

zurück Hier zum vorhergehenden Teil über die Ostfront: Die südliche Ostfront im Winter 1943/44 und Wehrmacht Kriegsgliederung Dezember 1943.

Obwohl die vollständige Einschließung von Leningrad schon früher aufgebrochen worden war, lagen Versorgungsrouten und auch die Stadt selbst immer noch unter ständigem Artilleriebeschuss und eine grundsätzliche Veränderung der Lage dort hätte auch Auswirkungen auf die Staaten in Skandinavien.
Im Gegensatz zu anderen Stellen der Ostfront hatten die deutschen Verantwortlichen hier einen Notfallplan vorbereitet und eine Verteidigungslinie eingerichtet, welche den Fluss Narva von der Ostsee bis zu dem Peipus- und Pleskau-See an der estnisch-sowjetischen Grenze ausnutzte.

Trotz der Verlegung von deutschen Divisionen der Heeresgruppe Nord an die mehr gefährdeten Abschnitte der Ostfront im Süden und der Rückberufung der spanischen Blauen Division, welche die deutsche Front erheblich schwächten, wurde der Befehl zum Rückzug auf die sogenannte ‚Panther‘-Linie nicht rechtzeitig erteilt.
Dies geschah wegen fehlerhafter Feindaufklärung der deutschen 18. Armee vor Leningrad, welche ihren Befehlshaber dazu veranlassten, die gegenwärtigen Stellungen weiterhin zu halten und der Sorge im Führerhauptquartier, dass ein Rückzug an diesem Teil der Front wahrscheinlich negative Auswirkungen auf die Haltung Finnlands haben würde.

Das Resultat war, dass die geschwächte Front, welche auch eine Anzahl wenig kampfkräftige Luftwaffen-Feld-Divisionen enthielt, schnell unter Offensive der Roten Armee zusammenbrach.
Am 14. Januar startete die Rote Armee ihren großen Angriff aus dem Oranienbaum-Brückenkopf und südlich von Leningrad selbst, gefolgt von einem Angriff in der Nähe von Nowgorod.
Diese Operationen waren ein viel ehrgeiziges Projekt als die bisherigen Entsatzversuche. Weder die Ablösung des Befehlshabers der Heeresgruppe Nord v. Küchler, noch die vorübergehende Berufung von Model bis zu seiner weiteren Verwendung im Süden der Ostfront, noch die Übernahme durch General Lindemann änderten etwas an dem Ausgang der Schlacht.
Zu diesem Zeitpunkt bereitete das deutsche Oberkommando die Verlegung der 214. Infanterie-Division von Norwegen zur Heeresgruppe Nord in Russland vor.

Narwa-Brückenkopf.
Deutsche Abwehrstellung gegenüber dem russischen Narwa-Brückenkopf.

Die deutschen Truppen kämpften wie immer geschickt und kraftvoll, während die russische Führung nicht so selbstbewusst wie im Süden war. Schließlich jedoch waren die Deutschen gezwungen, sich auf die ‚Panther‘-Linie zurückzuziehen.
Die deutschen Divisionen, welche bis Ende März in den neuen Stellungen ankamen, war schwer mitgenommen, während die Rote Armee einen weiteren, großen Sieg errungen hatte. Leningrad war nun wirklich und vollständig befreit.
Und obwohl das Frühlings-Tauwetter die Russen ebenso wie die Deutschen unbeweglich gemacht hatte, stand die Rote Armee an der Narva-Linie und hatte den Fluss während des Vormarsches sogar an einer Stelle überschreiten können, wo sie nun einen kleinen, aber bedeutenden Brückenkopf hielten.

An der Narwa-Linie rückte nun die deutsche 214. Infanterie-Division aus Norwegen als Verstärkung in die Frontlinie ein.

Soldaten der 214. Infanterie-Division mikt LKW
Soldaten der 214. Infanterie-Division mikt LKW, angekommen an der Narwa-Front (Foto des Großvaters des Autors)

Unternehmen Bagration

Die nächste größere Offensive der Roten Armee richtete sich direkt nach der Westalliierten Invasion in der Normandie gegen Finnland, war aber eindeutig nicht die ‚große‘ sowjetische Sommer-Offensive.
Diese erstmalige sowjetische Sommer-Offensive war der detailliert vorbereitete und konzentrische Angriff, mit dem Ziel eine ganze deutsche Heeresgruppe zu zerschlagen und das restliche sowjetische Territorium, welches noch unter deutscher Kontrolle stand, zurückzuerobern. Diese Offensive würde die Hauptmarschroute von Moskau über Warschau nach Berlin öffnen.


Das Unternehmen mit dem Code-Namen ‚Bagration‘ wurde mit größter Sorgfalt geplant und war mit einem großen Täuschungsmanöver gekoppelt, welches sehr gut funktionierte. Der deutsche Aufklärungsdienst unter Reinhard Gehlen fiel praktisch auf jeden russischen Trick herein. Der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Mitte, Feldmarschall Busch, war nicht auf seinen Posten und die meisten seiner Reserven waren zur benachbarten Heeresgruppe Nord-Ukraine von Feldmarschall Model im Süden verlegt worden, wo der nächste russische Angriff erwartet wurde.

Partisanen verminen Eisenbahngleise
Eines der wesentlichen Angriffsziele der Partisanen in Rußland waren vor allem die für den deutschen Nachschub wichtigen Eisenbahnverbindungen.

Selbst die Sabotage-Aktion russischer Partisanen mit tausenden von Sprengladungen unter dem Schienennetz der Heeresgruppe Mitte in der Nacht vom 19./20. Juni alarmierte niemanden in den deutschen Stäben oder dem Hauptquartier.
Mit einer Verzögerung von ein paar Tagen aufgrund der Bereitstellung der benötigten 1,25 Millionen Mann und ihres umfangreichen Materials und Nachschub, begann die russische Sommeroffensive 1944 im nördlichen Abschnitt gegenüber der deutschen Heeresgruppe Mitte, wo Marschall Wasilevsky mit der 1. Baltischen und 3. Weißrussischen Front in einem einzigen massiven Angriff die Stellungen der völlig überraschten 3. Panzer-Armee durchbrach. Am nächsten Tag hatten seine Truppen 5 deutsche Divisionen um Witebsk eingeschlossen.

An diesem Tag griffen auch die Zweite und Erste weißrussische Front, koordiniert von Marschall Schukow, in Richtung Orscha, Mogilew und Bobruisk an. Sie durchbrachen schnell die Linien der deutschen 4. und 9. Armee. In einer Reihe von brillanten Operationen schloss die Rote Armee den Großteil der deutschen 9. Armee ein und trieben die geschlagene 4. Armee über eine einzige, völlig verstopfte Straße und Brücke, welche ständig unter Beschuss und Luftangriffen lag, über die Beresina zurück. Im gesamten Bereich hinter der Heeresgruppe Mitte kam es zu Panik.

Hitler ernannte Model nun auch gleichzeitig zum Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Mitte neben seiner bisherigen Heeresgruppe Nord-Ukraine, welches die Verlegung von Reserven vereinfachte, aber nicht die im Vormarsch befindliche Rote Armee stoppte.
Am 3. Juli hatten die Russen Minsk befreit und nur ein paar Versprengte schafften es zurück zu den neuen und dünnen deutschen Linien, welche Model verzweifelt aus seinen wenigen Reserven und Resten der Heeresgruppe Mitte, welche sich zurückziehen konnten, sowie Versprengten und Nachzüglern zu bilden versuchte.
Innerhalb von nur 12 Tagen waren 25 deutsche Division mit mindesten 300.000 Mann aus der deutschen Kriegsgliederung verschwunden. Die Rote Armee hatte demonstriert, dass sie den deutschen ‚Blitzkrieg‘ erlernt hatte und das sie, trotz schrecklicher Verluste in den vergangenen Jahren, sowohl die Ressourcen als nun auch die Fähigkeiten hatte, erfolgreich eine deutsche Front aufzubrechen, welche über viele Monate gehalten wurde und mit Stellungen ausgebaut war.

In den Wäldern der mittleren Ostfront begegnen sich zwei deutsche Tiger-Panzer
In den Wäldern der mittleren Ostfront begegnen sich zwei deutsche Tiger-Panzer. Der eine fährt zurück, um seine Munition zu ergänzen, der andere rollt zu neuem Einsatz vorwärts an die in schweren Abwehrkämpfen stehende Front.

Die neuen Verteidigungslinien im Zentrum der Ostfront existierten allerdings eigentlich nur auf den Karten von Model und Hitler, denn die Befehlshaber der Roten Armee, die diese einfach nicht erkannten, fuhren einfach durch und über die fliehenden deutschen Truppen.
Ein vorgesehener deutscher Angriff aus dem Norden kam niemals zustande, da der Heeresgruppe Nord die dafür benötigten Panzer-Divisionen fehlten und die Rote Armee nach Litauen und nach Ostpolen hineinstieß.

So wie es die Alliierten im Westen gehofft hatten, dass heftige Kämpfe an der Ostfront die Verlegung deutscher Truppen aus dem Osten nach Frankreich verhindern würde, so setzte die Rote Armee nun erfolgreich ebenfalls darauf, dass der alliierte Brückenkopf in der Normandie die Verstärkung der deutschen Ostfront verhindern würde.
Ebenfalls verhinderte die alliierte Eroberung Roms auch die Verlegung von Truppen aus Mittelitalien.

Bis Mitte Juli war die Rote Armee mehr als 330 km im Mittelabschnitt der Ostfront vorgestoßen und musste anhalten, um Nachschub heranzubringen und das zerstörte Straßen- und Schienennetz zu reparieren.

Todes-Mitteilung für Gefallenen
Todes-Mitteilung für Obergefreiter Philipp Button – Gefallen an der Ostfront.

Während die Rote Armee auf Warschau im Mittelabschnitt vorstieß, zertrümmerte die Erste Weißrussische Front von Rokossowski und Konjews Erste Ukrainische Front die Heeresgruppe Nord-Ukraine von Model.
Zu diesem Zeitpunkt war eine Reihe von Divisionen, welche Model zuvor als Reserven bereitgestellt hatte, zur zusammenbrechenden Heeresgruppe Mitte verlegt worden. Die Zurücknahme der Linie, welche Hitler vor der neuen russische Offensive genehmigt hatten, brachten nicht viel Hilfe.
In einer Reihe von massiven Schlägen, welche ab dem 13. Juli begannen, als Model sich gerade auf die neue Linie zurückzog, brachen die Speerspitzen der Roten Armee, welche nun viel effektiver waren als früher, durch die 4. Panzer-Armee, die 17. Armee und die 1. Panzer-Armee – oder besser, das was von ihnen noch übrig war – und drängten die deutschen Truppen innerhalb von 6 Wochen bis an die Karpaten ab.
In diesen Kämpfen fiel am 28. Juli 1944 auch ein Verwandter des Autors, welcher kurz zuvor das Eiserne Kreuz erhalten hatte, beim Einsatz als MG-Schütze am Stadtrand von Kalusz durch Granatsplittern tödlich verwundet wurde.


Karte ostfront bis Spätsommer 1944
Von der Roten Armee von Januar bis April 1944 und von Juni bis August (gestreift) erobertes Gebiet an der Ostfront.

Im selben Zeitraum strömten die Erste Weißrussische Front und der Großteil der Ersten Ukrainischen Front über mehrere Flüsse hinweg, auf die Weichsel zu und überquerten den Fluss an einigen Stellen, um Brückenköpfe am Westufer zu bilden. Dabei wurde auch ein deutsches Korps mit 30.000 Mann eingeschlossen, von denen nur 5.000 entkommen konnten.

Die Führung der neuen russischen Panzer- und Mechanisierten Korps wurde immer besser und erreichte nahezu die Effektivität der deutschen Panzertruppe bei Offensiv-Aktionen. Dazu kontrollierte die Rote Luftwaffe zu diesem Zeitpunkt eindeutig den Luftraum über der Ostfront und die russische Artillerie konnte den Umstand ausgleichen, dass die Russen nach ihren enormen bisherigen Verlusten an Menschenleben wesentlich vorsichtiger mit ihren Massenangriffen mit Infanterie verfahren mussten.

Die Ostfront verlief nun praktisch von der deutschen Grenze in Ostpreußen entlang der Narew nach Warschau, dann von der Weichsel bis zu den Karpaten und zum Schwarzen Meer.
Zur Verstärkung der Heeresgruppe Mitte in Polen an der Weichsel war die 214. Infanterie-Division zwischenzeitlich aus Estland herangeführt worden, wo nochmals eine Abwehrfront errichtet werden konnte, welche bis Januar 1945 bis zur Schlacht im großen Weichselbogen gehalten werden konnte.

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Quellenangaben und Literatur

Der 2. Weltkrieg (C. Bertelsmann Verlag)
Zweiter Weltkrieg in Bildern (Mathias Färber)
Der Grosse Atlas zum II. Weltkrieg (Peter Young)
Historical Atlas of World War Two – The Geography of Conflict (Ronald Story)
Krieg der Panzer (Piekalkiewicz)
Chronology of World War II (Christopher Argyle)
A World at Arms – A Global History of World War II (Gerhard L. Weinberg)


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2 Kommentare zu „16-Ostfront 1944“

  1. „Die deutschen Truppen kämpften wie immer geschickt und kraftvoll…“ – Solche Kommentare sind nicht nur Humbug, weil viel zu allgemein, sondern auch kriegsverherrlichend. Einfach streichen!

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