Sten MP


Englische Maschinenpistole Sten Gun.
Geschichte, Entwicklung, Einsatz, Spezifikationen, Statistiken, Bilder und 3d-Modell der britischen Standard-Maschinenpistole Sten MP im Zweiten Weltkrieg.

englischer Fallschirmjäger zielt mit seiner Sten Mk 5 während der Schlacht von Arnheim
Ein englischer Fallschirmjäger zielt mit seiner Sten Mk 5 während der Schlacht von Arnheim, wo dieses Modell erstmals verwendet wurde.

Sten Mk I, II, III, V
Typ: Maschinenpistole.

Geschichte der Sten MP


Die britische Armee musste 1939 ohne irgendeine Maschinenpistole in den Krieg ziehen, da sie diese gering schätzte und sich lange gegen die Einführung einer derartigen Waffe gewehrt hatte. Schnell mussten die britischen Soldaten aber erkennen, dass es ohne die bisher verschmähte Maschinenpistole in einem modernen Krieg überhaupt nicht mehr ging.

So kauften die Briten in den USA in großen Stückzahlen die Thompson-MPi ein. Diese amerikanische Maschinenpistole hatte jedoch einige Nachteile. Sie war schwer, schwierig in der Herstellung und obendrein teuer. Der hohe Preis und die Versorgungsschwierigkeiten der Thompson-MP ließen die Engländer bald daran denken, ein eigenes Modell zu entwickeln.

Die Ereignisse Mitte des Jahres 1940, wo die Briten viele ihrer Waffen bei der Evakuierung aus Dünkirchen verloren, führten zu einer Beschleunigung dieser Gedanken.

Im August 1940 wurde die Entscheidung von der britischen Regierung getroffen, eine Kopie der deutschen MP28 in die Produktion zu nehmen und davon 50.000 Waffen zu bauen. Gleichzeitig wurden 110 Millionen Stück 9-mm-Patronen dafür in den USA bestellt, da die Herstellung dieses Kalibers in Großbritannien viel zu gering war.
Die neue Maschinenpistole wurde als ‚Lanchester‘ bezeichnet und Einsatzvorführungen wurden am 28. November 1940 durchgeführt. Anschließend wurden Vorbereitungen zur Produktion dieser Waffe getroffen.

Soldaten mit Sten Mk 2
Englische Soldaten mit der Sten Mk 2.

Allerdings änderte sich in den ersten Tagen des neuen Jahres 1941 die Lage. Eine einfachere Waffe, bezeichnet als ‚N.O.T.40/1‘ wurde von Major R.V. Stepherd und Mr. H.J.Turpin vom Chief Superintendent of Design’s Department (Chef-Superintendenten der Entwicklungsabteilung) fabriziert.
Die Waffe wurde bei der Royal Small Arms Factory in Enfield Lock bereits am 10. Januar 1941 vorgeführt. Daraufhin wurde am 21. Januar Anweisung erteilt, sofortige Versuche mit beiden Maschinenpistolen durchzuführen und zeitnah zu entscheiden, ob die ‚Lancaster‘ wie geplant oder der neue Entwurf produziert werden soll. Das britische Beschaffungsamt teilte am nächsten Tag dazu mit, daß ‚die wichtigste Berücksichtigung im Moment ist, irgendeine Art von Maschinenkarabiner, welche bei allen drei Bereichen der Streitkräfte verwendet werden kann, so schnell als möglich in die Produktion zu bringen‘.

Die N.O.T.40/1 wurde anschließend getestet und ein Bericht darüber ging am 31. Januar 1941 heraus. Die verschiedenen Versuche wurden zufriedenstellend abgeschlossen und 5.400 Schuss ohne Unterbrechung oder eine Fehlfunktion abgefeuert. Der Bericht schloss zusammenfassend, dass ‚dieser Karabiner scheint grundsätzlich brauchbar zu sein und funktioniert zufriedenstellend und genau.‘
Daraufhin wurden Vorbereitungen getroffen, diese neue Waffe in Produktion zu nehmen und die ersten Exemplare kamen im Juni 1941 aus den Fabriken.

Sten Mk I

Sten Mk I
Sten Mk I

Das Ergebnis all dieser Bemühungen wurde zur Sten Mark I MP. Der Name ‚STEN‘ setzt sich aus den beiden Namen der Konstrukteure Shepperd und Turpin sowie dem Hersteller Enfield zusammen.
Während die Waffe immer noch einfach war, so verfügte sie doch immer noch über eine gewisse Raffinesse. So gab es einen hölzernen Vorderschaft und einen Klappgriff für die vordere Hand, einen Rohrrahmen-Hauptschaft als Laufummantelung, einen Schutz für das Zielkorn und einen Kompensator zur Unterdrückung von Mündungsblitzen.
Ein Sicherheitsschlitz an der Rückseite des Spannhebels ermöglichte eine rudimentäre Sicherung des Abzugshebels.

Sobald die Produktion begann, wurde untersucht, ob ein Teil dieser Verfeinerung abgeschafft werden konnte, was sowohl die Produktion beschleunigte als auch die Waffe leichter machte. Der Unterdrücker für Mündungsblitze und der Vordergriff wurden weggelassen und das hölzerne Vorderende wurde durch eine Blechabdeckung über dem Abzugsmechanismus ersetzt.
Die Konstruktion war sehr einfach und verwendete nur ein Minimum an Drehteilen. Die Herstellung fand vor allem mit Pressteilen und Schweißarbeiten statt.
In ihrer äußeren Erscheinung wirkte sie beinahe so ‚zusammengehauen‘, wie die russische PPS-MPi, da alles an ihr aus gepresstem, zum Teil gewelltem Metall bestand, auch die Schulterstütze. Doch sie besaß genau jene Vorzüge, die gefordert wurden: sie arbeitete gut und sie war billig, schnell und einfach zu produzieren. Ohne weitere Einwendungen ging die Sten MP in Produktion.
Von Juni 1941 bis Juli 1942 wurde die Sten Mk I in einer Stückzahl von 100.000 Exemplaren gebaut.


Sten Mk II

Sten Mk II
Sten Mk II

Um die Forderung nach einer Monatsproduktion von 20.000 Stück zu erfüllen, wurden weitere Vereinfachung an der Maschinenpistole vorgenommen. Die dadurch entstandene Sten Mark II wurde zur häufigsten aller Varianten.
Sie wurde in zwei Ausführungen hergestellt, mit Schulterstütze aus einem Profilrahmen oder aus Rohrmaterial mit aufgeschweißter Kappe. Die Schulterstütze ließ sich einfach abnehmen.
Da am Verschluss und am Abzug so gut wie nichts mehr vereinfacht werden konnte, entfiel lediglich der hölzerne Vorderschaft.
Es wurde aber auf den Laufmantel verzichtet und der Lauf mit einer kurzen zylindrische und perforierte Hülle, welche auch als Vorderhandgriff diente, angeschraubt. Dieser Lauf ließ sich ebenfalls leicht abnehmen.
Das Magazingehäuse wurde so modifiziert, dass es um 90 Grad heruntergeschwenkt werden konnte, um die Zufuhr- und Auswurföffnungen gegen Schmutz zu verschließen. Der Sicherheitsschlitz wurde an der oberen Rückseite des Spanngriffschlitzes neu positioniert, da das Drehen des Griffs zum Verriegeln eine leichtere Bewegung war als das Herunterdrehen. In den Laufmantel konnte außerdem ein kurzes Tüllenbajonett eingeschoben werden.

Über zwei Millionen dieser Muster wurden hergestellt und eine Zeit lang wurden sie mit einer Rate von mehr als 20.000 Stück pro Woche aus einer einzigen Fabrik hergestellt, dazu viel der Preis der Herstellung auf 2,87 Britische Pfund (ca. 30 Reichsmark) pro Waffe.

Die Mark II wurde zum ersten Mal während der Dieppe-Landung im August 1942 eingesetzt. Obwohl der Überfall ein Fiasko war, gab es keine Beschwerden über den Teil, den die Sten-MP dabei spielte.
Eine große Zahl der Sten Mk II wurde über den von Deutschland besetzten Teilen Europas für Partisanengruppen und Widerstandskämpfer aus Flugzeugen abgeworfen, wofür die einfache Zerlegbarkeit wichtig war.
Es gab noch die Version Sten Mk IIS für Kommando- und Untergrundeinsätze, wo auf dem Lauf einen Schalldämpfer angebracht wurde. Dabei waren allerdings nur Einzelschüsse möglich.

Sten Mk III

Sten Mk III
Sten Mk III

Als Nächstes kam die Sten Mk III, welche noch einfacher herzustellen war. Dafür wurde aber auf den abnehmbaren Lauf und das bewegliche Magazingehäuse verzichtet. Der Feuermechanismus und die beiden Schulterstützen blieben zwar identisch, aber das Verschlussgehäuse wurde zusammen mit dem Laufmantel als ein Stück im Maschinenschweißen produziert. Dieses geschweißte Stahlrohr hatte ein Versteifungsgerippe an der Oberseite, welches auch eine schnelles anvisieren des Ziels unterstütze.

Der Lauf wurde mithilfe eines Bolzens mit der Stirnseite des Verschlussgehäuses verbunden. Dies behob auch die häufigsten Probleme der Mk II, welche durch das nicht durchgezogene Gewinde der Laufmutter verursacht wurden, und zu Feuerunterbrechungen geführt hatten.

Die Sten Mk III wurde ab 1943 in der Waffenfabrik im englischen Enfield, aber auch in Kanada gebaut. Die nachfolgende Sten Mk IV war speziell für die Luftlandetruppe vorgesehen, ging aber niemals in Produktion.

Sten Mk V

Sten Mk V
Sten Mk V

Im Jahr 1944 erschien die Sten Mk V, welche etwas sorgfältiger als die vorherigen Versionen konstruiert und gebaut wurde. Diese Waffe hatte einen hölzernen Kolben und Pistolengriff. Die Mündung und das Korn waren vom gleiche Muster wie beim Lee-Enfield-Gewehr No.4, sodass auch ein standardmäßiges britisches Bajonett montiert werden konnte.

Dieses Modell wurde zuerst an die Luftlandetruppen ausgegeben und hatte seine Feuertaufe in der Schlacht von Arnheim, nach der es zum Standardmodell wurde, welches ausgegeben und allmählich die früheren Versionen ersetzte.
Eine Variante mit Schalldämpfern wurde als Sten Mk VI bezeichnet, war aber nicht weit verbreitet.


Während des Zweiten Weltkrieges wurden in Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland etwa 3,75 Millionen Sten-Maschinenpistolen aller Varianten hergestellt. Die Sten Mk V wurde auch noch nach dem Krieg von der britischen Armee bis in die 1950er Jahre verwendet.

Die Sten im Einsatz

französischer Resistance-Kämpfer mit einer Sten MP
Ein französischer Resistance-Kämpfer mit einer Sten Mk 2 Maschinenpistole.

Die Sten-MPi war eine sehr erfolgreiche Waffe. Ihre Einführung wurde zwar von vielen Soldaten, die an elegantere Waffenentwürfe gewöhnt waren, mit einiger Zurückhaltung aufgenommen, aber die Leistung im Kampf zeigte, dass Aussehen wenig zählt, und die anfänglichen Bedenken waren bald verstummt.
Die Waffe war nicht ohne Mängel und das vielleicht Schlimmste war der Entwurf des Magazins, das nie ganz befriedigend war. Wenn es nicht sorgfältig eingeführt wurde, war es anfällig für Deformationen am Rand, was zu Ladehemmungen führte.

Trotzdem war die Sten eine der effektivsten Maschinenpistolen des ganzen Krieges und unzählige Tausende sind immer noch auf der ganzen Welt im Einsatz. Die Waffe wurde ausgiebig kopiert und Widerstands- und Partisanengruppen in ganz Europa stellten ihre eigenen Versionen her, wobei sie eine per Fallschirmen abgeworfene Sten als Muster verwendeten.

Die Wehrmacht kopierte sie in verbesserter und leicht modifiziert Form als MP3008 für den Volkkssturm und Geheimoperationen. Dazu gab es noch eine deutsche Fälschung, welche sogar die britischen Enfield-Inspektoren-Siegelzeichen erhielt. Diese Waffen waren für Werwolf-Untergrundkämpfer vorgesehen, welche damit im besetzten Deutschland alliierte Soldaten überfallen sollten.

Vergleich englische Sten MP mit deutscher Kopie
Vergleich der englischen Sten Mk 2 MP (oben) mit der von 1944-1945 in Deutschland nachgebauten Kopie (unten).

Seit dem Zweiten Weltkrieg erschienen brauchbare Kopien der Sten aus China, Kenia, der Nordwestgrenze von Indien, Zypern und Indonesien, die alle unter primitiven Bedingungen hergestellt waren und durch irreguläre Kämpfer in Guerillakriege verwendet wurden. Schließlich ist Nachahmung ja die eindeutigste Form der Anerkennung eines hervorragenden Entwurfs.

Spezifikationen Sten MP Mk II

Spezifikationen:

Sten Mk IISpezifikation
TypMaschinenpistole
Kaliber9 mm
Länge 75,60 cm (89,6 cm Mk I; 79,5 cm Mk III; 76 cm Mk V)
Gewicht 3,26 kg ohne; 3,5 kg (andere Quelle 3,7 kg) mit Magazin (3,875 kg Mk I; 3,18 kg Mk III; 4,02 kg Mk V ungeladen)
Lauf 19,7 cm mit 2 oder 6 rechtsläufigen Zügen
Magazin 32-Schuss-Kastenmagazin
Funktion Rückstoss, automatisch oder Einzelschuß
Geschoßgeschwindigkeit 365 m/s
Feuergeschwindigkeit 550 Schuss/min.

Einsatzstatistik:

Sten Mk IIAngaben
Hersteller Royal Ordnance Factory, Fazakerley (später auch Birmingham Small Arms Co und Tyseley Long Branch Arsenal, Ontario in Kanada)
Serienproduktion Juni 1941 (Mk I)
Ersteinsatz August 1942 (Mk II), September 1944 (Mk V)
Endlieferung1950 oder danach
Stückzahl (Mk II) 2+ Millionen (100.000 von Mk I, insgesamt ca. 3,75 Millionen im 2. Weltkrieg)
Stückpreis 2,87 £ = ~30 Reichsmark


Animation 3d-Modell Sten MP Mk II


Quellenangaben und Literatur

The Encyclopedia of Infantry Weapons of World War II (Ian V.Hogg)
Infanterie im 2. Weltkrieg (J.B.King, John Batchelor)
Illustriertes Lexikon der Waffen im 1. und 2. Weltkrieg (V. Dolinek, V. Francev, J. Sach)
The Encyclopedia of Weapons of World War II (Chris Bishop)


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