Russische Armee 1914-17


Die russische Armee im Ersten Weltkrieg von 1914 bis 1917.
Uniformen, Organisation, Kommandeure, Heeresstärke und Verluste.

Russische Mobilmachung 1914
Die Mobilmachung der russischen Armee ist der erste Schritt in den 1. Weltkrieg. Bereits am 29. Juli befahl der Zar die Teilmobilmachung.

Die russische Armee im 1. Weltkrieg 1914-1917 – Uniformen, Stärke, Organisation.

Russische Armee im Ersten Weltkrieg


Für Russland, dessen Bevölkerung sich auf 167 Millionen summierte, schienen Männer das geringste Problem darzustellen. Schlechte Straßen, wenig Eisenbahnlinien, geringe industrielle Kapazität, schlechtes Bildungsniveau und mangelnde Lese- und Rechtschreibkenntnisse der Bevölkerung und widerwillige Steuerzahler begrenzten die Größe und Wirksamkeit ihrer Armee. Später erschien es so, dass die russische Wirtschaft so sehr von der körperlichen Arbeit abhängig war, dass sie überproportional von dem Abzug der Arbeitskräfte zur Armee litt. Aber im ersten Moment war das hauptsächliche Problem, dass die großen Entfernungen und die schlechten Kommunikationswege die Mobilisation verlangsamte. Die Kader der Offiziere und Unteroffiziere waren zahlenmäßig zu gering und schlecht ausgebildet, es herrschte Mangel bei Waffen und Ausrüstungsgegenständen, die Munitionsreserven waren gering und die Produktion stark eingeschränkt.

Russland hatte 1904/05 in der Mandschurei gegen Japan gekämpft und wurde schwer geschlagen. Seitdem hatte es sich bemüht, mit Großkrediten aus Frankreich seine Armee zu modernisieren, aber das Zusammenwirken von der großen Armeestärke und den begrenzten Ressourcen verhinderte ein Erreichen der Standards westlicher Armeen dieser Zeit. Vor die Wahl gestellt, sich zwischen Quantität und Qualität entscheiden zu müssen, glaubte die russische Führung instinktiv daran, dass die schiere Masse den Sieg bringen würde. Obwohl eine russische Division 16 Bataillone gegenüber 12 einer deutschen Division hatte, hatte sie etwa nur die Hälfte der deutschen Kampfkraft.

Die Friedensstärke der russischen Armee belief sich auf 1.4230.000 Mann. Bei der Mobilisierung wurden gleichzeitig drei Millionen Männer auf einmal einberufen und zudem noch weitere 3,5 Millionen Mann bis Ende November 1914. Dies ergab 37 Korps, wovon die meisten aus zwei Divisionen bestanden und zusammen 70 Frontdivisionen, 19 unabhängige Brigaden, 35 Reserve-Divisionen, 24 Kavallerie- und Kosaken-Divisionen und 12 weitere in Reserve.

Es war geplant, 30 Korps gegen Deutschland und Österreich-Ungarn einzusetzen – 95 Infanterie- und 37 Kavalleriedivisionen mit ca. 2,7 Millionen Mann. Von diesen konnten aber nur 52 Divisionen bis zum 23. Tag der Mobilisierung (22. August 1914) an der Front bereit sein. Zwei Armeen, die Erste und Zweite würden gegen Ostpreußen aufmarschieren. Drei weitere, die Fünfte, Dritte und Achte Armee gegen Österreich-Ungarn. Eine weitere Armee, die Vierte würde gegen Deutschland eingesetzt werden (Plan G), falls dieses die Hauptmacht seiner Truppen im Osten einsetzen würde. Falls Deutschland jedoch gegen Frankreich losschlägt, sollte diese Armee gegen Österreich-Ungarn eingesetzt werden (Plan A).
Zwei weitere Armeen deckten die Flanken an der Ostsee und im Kaukasus.
Die allgemeine Mobilmachung wurde am 29. Juli 1914 ausgerufen und am 6. August der Aufmarsch nach Plan A befohlen.

Soldaten des Zaren.
Soldaten des Zaren.

General Sukhomlinov, Kriegsminister seit 1909, war ein kraftvoller Reorganisator der Armee und wurde vom Zar gedeckt. Allerdings war er korrupt, deutsch-freundlich und ein reaktionärer Militär, der damit prahlte, er habe seit 25 Jahren kein Handbuch mehr gelesen.
Großfürst Nikolaus, der Oberbefehlshaber, war 58 Jahre alt und eine imposante Erscheinung: Großgewachsen, war er ein Verfechter von Reformen und trat Sukhomlinov entgegen. Der Neid seines Neffen, des Zaren, hatte ihn aus dem Russisch-Japanischen Krieg herausgehalten und beraubte ihn der Möglichkeit, seinen Wert als Kommandeur beweisen, aber hielt ihn auch frei von der Schuld für die Niederlage.
General Zhilinsky, Befehlshaber gegen Ostpreußen, hatte Frankreich als Generalstabschef im Jahre 1912 besuchte und hatte Foch militärische Überzeugungen übernommen und trat auch persönlich für einen frühen Vorstoß gegen Deutschland ein.

Kaum, dass der Krieg erklärt wurde, begann Frankreich Russland zu drängen, einen schnellen Einfall mit aller Kraft gegen Deutschland zu unternehmen. Russland reagierte zuvorkommend und opferte dafür die Möglichkeit, einen massiven Aufmarsch vor dem Beginn des Kampfes vorzunehmen. Vielleicht braucht es kaum hinzugefügt werden, dass in Russland, wie auch anderswo, die Progressiven und Reaktionäre in einer Sache einig waren: ihr vollstes Vertrauen in die Offensive zu legen.


Stärke und Verluste von Russland (1. August 1914 – 15. Dezember 1917)

  • Truppenstärke bei Kriegsbeginn = ca.4.500.000
  • Heeresstärke im Verlauf des Krieges = 15.000.070
  • Tote Militär = 1.700.000
  • Verwundete Militär = 4.950.000
  • Ziviltote = 2.000.000+

Uniformen der russischen Armee

Russische Soldaten 1914-1917
Russische Soldaten 1914-1917: Gardist, Husar, Infanterist.
Aufgrund der Erfahrungen aus dem Russisch-Japanischen Krieg 1904/1905 veranlasste das russische Kriegsministerium während der Manöver 1906 mit dem Befehl Nr. 353 Versuche mit Uniformen in verschiedenen Khakifarbenen Tönen durchzuführen.
Der Befehl Nr. 171 von 1907 führte schließlich eine einheitliche helle olivgrüne khakifarbene Uniform ein, die aus einem Waffenrock (Kitel) für Offiziere, einem Hemd (Gimnastirka) für andere Dienstgrade, einer passenden Hose und einer Schirmmütze bestand.

Die Befehle Nr. N.N. 100, 101, 332 und 518 führten einen Sommer- und Winter-‚Kampfanzug‘ ein, bestehend aus einer Schirmmütze aus Wolle oder Baumwolle mit khakifarbenem Lederschirm und Kinnriemen für Offiziere und andere Dienstgrade in berittenen Einheiten sowie einer ovalen Metallkokarde in den Romanow-Farben: weiß, orange und schwarz.
Dazu kamen Woll- oder Baumwolltunika mit Stehkragen, aufgesetzten Brusttaschen nur für Offiziere und Seitentaschen für alle Dienstgrade.
Die Herstellung dieser Version des Waffenrockes für die anderen Dienstgrade wurde 1912 eingestellt, wurde aber während des Ersten Weltkrieges weiter getragen, solange die Vorräte reichte.


Das typischste aller russischen Kleidungsstücke war das Woll- oder Baumwollhemd mit Stehkragen und zentraler Öffnung, die mit fünf Metall- oder Hornknöpfen verschlossen wurde, und hatte entweder glatte oder hemdartige Manschetten mit zwei Knöpfen. Es wurde mit abnehmbaren Schulterriemen getragen.
Das Hemd wurde nach russischer Art über der Hose mit einem Ledergürtel getragen. Die Hose war passend und wurde so geschnitten, dass sie in den Stiefeln getragen werden konnte. Die Stiefel wurden ungefärbt ausgegeben und wurden von den Soldaten selbst geschwärzt. Da es an langen Stiefeln mangelte, wurden im Laufe des Krieges zunehmend Stiefeletten und khakifarbene Gamaschen verwendet.

Für die Winterkleidung gab es eine künstliche hergestellte, bräunlich-graue Astrachan-Mütze mit der gleichen ovalen Metallkokarde auf der Vorderseite. Die Klappe konnte herabgelassen werden, um die Ohren und den Nacken zu bedecken.

Russische Offiziere 1914-1917
Russische Offiziere 1914-1917: Gardeoffizier, Generalmajor, Unteroffizier der Garde.
Der ausgegebene Überzugmantel, genannt Shinel, war aus einer groben graubraunen Wolle gefertigt und war zweireihig mit Fallkragen. Er wurde auf der rechten Seite mit Haken und Ösen verschlossen und hatte in der Mitte eine Reihe von sechs Metallknöpfen, die später nicht mehr verwendet wurden.
Am Rücken hatte er zwei Aufsteckklappen und einen Halbgürtel mit je einem Knopf an den Enden. Durch Aufknöpfen des Gürtels konnte der Mantel formlos als Umhang getragen oder als Decke verwendet werden. Die Umschlagmanschetten waren gerade und mit dem Ärmel vernäht, bei berittenem Personal vorne und hinten spitz zulaufend und nicht vernäht. Das Muster für berittenes Personal war auch wesentlich länger als das Muster für Fußsoldaten.
Obwohl Offiziere offiziell den ausgegebenen Mantel tragen sollten, ließen sich viele von ihnen privat Mäntel anfertigen, die denen ihrer Männer so weit wie möglich ähnelten, oder sie trugen hinter der Frontlinie weiterhin ihre Mäntel aus Friedenszeiten.

Im Allgemeinen waren die Uniformen der Offiziere im Grunde die gleichen wie die ihrer Männer, aber anfangs von besserer Qualität. Materialknappheit und die Notwendigkeit, dass die Offiziere zu ihrem eigenen Schutz von ihren Männern sich kaum unterscheiden sollten, führten dazu, dass die Offiziere – zumindest an der Front – im Laufe des Krieges zunehmend die ausgegebene Standarduniform trugen.
Der Hauptunterschied war jedoch die Kokarde, die gewölbt war und einen gezackten Rand hatte. Alle Offiziere trugen die khakifarbene Schirmmütze mit Kinnriemen, während andere weiterhin ihre farbigen Friedensmützen trugen.
Das Hemd hatte Brusttaschen mit spitzen Klappen, die bei den Garde-Regimentern paspeliert waren, während der Waffenrock einen hohen steifen Stehkragen hatte, der manchmal paspeliert war, Brust- und Seitentaschen mit spitzer Klappe (bei den Garde-Regimentern paspeliert) und paspelierte Manschetten hatte, die bei der Fußtruppe rund und bei der Kavallerie spitz waren.

Auf der Rückseite des 1913 entworfenen Waffenrockes befanden sich ein Mittelschlitz und dreizackige, paspelierte Klappen. Während des Krieges wurde ein praktischerer und bequemerer Waffenrock – benannt nach dem britischen General French – in verschiedenen Schattierungen aus khakifarbenem Stoff hergestellt. Er ähnelte einer englischen Schießsportjacke, wobei der Stehkragen beibehalten wurde. Er hatte sechs Metall- oder braune Lederknöpfe an der Vorderseite, gefaltete Brust- und Seitentaschen mit spitzer Klappe und Knopf sowie hemdartige Manschetten.

Die Reithosen sollten für die Offiziere der Kavallerie in Zarengrün mit Paspelierung in den Regimentsfarben und für die Fußoffiziere in Khaki sein, aber später im Krieg wurden khakifarbene Reithosen von allen getragen.

Generäle hatten scharlachrote Lampassen. Ihre Stiefel waren schwarz, und die Ausrüstung war aus braunem Leder.

Rangabzeichen

Russische Offiziere 1914-1917
Russische Offiziere 1914-1917: Adjutant, Generalleutnant, Pilotenoffizier.
Der Rang war bei allen Dienstgraden auf den Schulterriemen angegeben. Generalstabsoffiziere und Offiziere hatten zunächst steife, abnehmbare Schulterriemen mit hellen Metallspitzen und entweder handgestickten oder metallenen Sternen, die immer in der Gegenfarbe waren, d.h. Gold auf Silberspitze und umgekehrt.
Im Laufe des Krieges entwickelte sich eine Mode für weiche Schulterriemen, die in die Schulternaht eingenäht wurden, und die auffällige Metallspitze wurde durch eine khakifarbene ersetzt, oder wenn diese nicht verfügbar war, besorgten sich die Offiziere einfache Stoffschulterriemen und zeichneten ihre Rangabzeichen mit Tintenstift darauf.


Andere Dienstgrade hatten abnehmbare, wendbare Stoffschulterriemen, die auf der einen Seite khaki und auf der anderen Seite in den Regimentsfarben gehalten waren. Anfangs waren die Rangabzeichen in weiß oder gelb bzw. orange für die Garde, aber zu Beginn des Krieges wurden die drei Farben durch rote Abzeichen ersetzt.

Waffengattungsabzeichen

Dienstgrad und Regiment wurden durch die Farbe und die Abzeichen auf den Schulterriemen, die Farbe der Kragenspiegel des Großmantels, die Paspelierung der Tunika, die Spitze auf der Vorderseite des Hemdes für die Garde und die Farbe der Paspelierung oder der Streifen auf den Hosen und Kniehosen identifiziert.

Auf den Schulterriemen wurden metallene oder handgestickte arabische oder römische Ziffern, Regimentssymbole und Dienstgradabzeichen angebracht. Bei Fußeinheiten waren diese in Gold auf Gold und Silber auf Silberspitzen, aber bei berittenen Einheiten waren die Farben genau andersherum.
Mannschaften hatten die gleichen arabischen oder römischen Ziffern und Abzeichen mithilfe einer Schablone auf ihren Schulterriemen gemalt.

Neben den verschiedenen Waffenfarben und Schulterbandabzeichen hatten die meisten Akademien, Militärschulen, Einrichtungen und Regimenter ihr eigenes Brustabzeichen.
Regiments-, Kadettenschulen und Waffengattungs-Schulabzeichen wurden auf der linken Brust getragen, während Regimentsangehörige von Offiziersschulen und Militärakademien ihre Abzeichen auf der rechten Brust trugen.

Kosaken

Russische Kossaken 1914-1917
Russische Kosaken 1914-1917: Kosake der 5. Don-Kosaken, Offizier der Terek-Kosaken, Oberst des Leibgarde-Kosaken-Regiments.
Die Kosaken wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Die größte Gruppe waren die Steppen- oder russisch Stepnoy-Kosaken, die in Voiskos oder territoriale Einheiten gegliedert waren. Sie trugen eine einheitliche Armeeuniform mit den charakteristischen Farben ihres Voiskos, die auf den blauen Hosen und den Kragenabzeichen des Übermantels zu sehen waren.

Die Kaukasus- oder Kavkassky-Kosaken trugen eine Nationaltracht, die aus einer grauen Astrachan-Papascha, einem grauen Kaftan oder einer Tscherkeska mit einer Reihe von Patronen auf beiden Seiten der Brust, einem schwarzen Hemd oder Beshmet und entweder einem regulären Armeemantel oder einem schwarzen zotteligen Mantel aus Ziegenwolle, genannt Burka, bestand. Es gab zwei kaukasische Voiskos.

Angehörige von Plastuni-Einheiten trugen eine kürzere Version der Tscherkeska. Kosakenoffiziere waren auch durch ihre speziellen Rangbezeichnungen bekannt.
Andere Dienstgrade in allen Kosakeneinheiten trugen khakifarbene Schulterstücke mit hellblauen Schulterriemenziffern oder -abzeichen, mit Ausnahme der berittenen Kosaken-Artillerie, die dunkelblaue Schulterriemenabzeichen hatte.


Quellenangaben und Literatur

History of World War I (AJP Taylos, S.L. Mayer)
Army Uniforms of World War I (Andrew Mollo, Pierre Turner)


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