Kanone 149/35


Schwere Kanone 149/35 und die italienische Artillerie im 1. bis 2. Weltkrieg.
Geschichte, Entwicklung, Einsatz, Spezifikationen, Statistiken, Bilder und 3D-Modell.

Kanone 149/35
Kanone 149/35

Cannone da 149/35A
Typ: schwere Kanone.

Geschichte Kanone 149/35


Die Entwicklung einer neuen schweren Artillerie-Kanone, welche das 1882 eingeführte ältere Modell 149/23 ersetzen konnte, begann im Jahr 1890. Die ersten Schusstests mit dem Prototyp wurden 1896 durchgeführt und drei Jahre später wurden einige experimentelle Batterien praktischen Tests unterzogen, welche ein zufriedenstellendes Ergebnis brachten.

Die Waffe, zuerst als Version 15AL/36 (aus Stahl gegossen, Kaliberlänge 36) und dann als Cannone da 149A (aus Edelstahl) bezeichnet, wurde 1901 auf einer starren Lafette übernommen. Aber im Jahre 1911 wurde die Notwendigkeit erkannte, die Kanonen zu ersetzen, da es kein System zur Abfederung des Rückstoßes gab und das Rohr auf der Lafette nicht gedreht werden konnte, was dazu führte, das die Waffe nach jedem Schuss neu ausgerichtet und in Stellung gebracht werden musste.

Die deutsche Firma Krupp sollte ab März 1915 einen geeigneten Ersatz liefern, die Aufträge wurden aber mit dem drohenden Kriegseintritt Italiens aufseiten der Alliierten aufgehoben.
Deshalb wurde die Herstellung der Kanonen 149/35 (oder unter der Bezeichnung 149A) noch einmal gesteigert und es befanden sich 598 Stück im September 1918 im Einsatz.

Trotz ihrer Nachteile zeigte die Kanone 149A während des 1. Weltkrieg sehr gute ballistische Eigenschaften, vor allem in Bezug auf Feuerkraft und Präzision. Die große Palette der verschiedenen Granaten, welche sie verschießen konnte, war besonders wichtig und dazu war die Konstruktion einfach und kostengünstig. Jedoch führten die Notwendigkeit, die Kanone nach jedem Schuss wieder neu auszurichten, zu einer Reduzierung der Feuergeschwindigkeit. Außerdem konnte die Zielrichtung nicht kurzfristig geändert werden.

Italienische schwere Kanonen 149/35
Italienische schwere Kanonen 149/35 unter Artillerie-Beschuß in Albanien, nachdem der unglückselige Griechenlandfeldzug gescheitert war.

Trotzdem befanden sich noch 895 Kanonen 149A im Juni 1940 beim Kriegseintritt Italiens in den 2. Weltkrieg bei den Einheiten. Sie wurden bis zur italienischen Kapitulation 1943 weiterhin verwendet und zahlreiche wurden von den deutschen Truppen erbeutet, wenn auch keine allen Anscheins von der Wehrmacht eingesetzt wurden.

Benutzer: Italien.


Spezifikationen Kanone 149/35

Spezifikationen:

Cannone da 149A Spezifikation
TypSchwere Kanone
Bedienung?
Länge ?
Gewicht 8.220 kg
Kaliber 149,1 mm
Lauflänge 5,722 m
Höhenbereich -10° bis +35°
Schwenkbereich 0° nach rechts und links
Geschossgeschwindigkeit 651 m/s
maximale Schussweite 16.500 m
Feuergeschwindigkeit 1 Schuss/Minute
Granatgewicht 45,96 kg

Einsatzstatistik:

Cannone da 149A Angaben
Serienproduktion1900 - nach 1918
Stückpreis unbekannt, aber einfach und kostengünstig
Stückzahl ? (598 vorhanden im Sep 1918, 895 im Juni 1940)



Animation Kanone 149/35


 


Italienische Artillerie im Ersten Weltkrieg

Die italienische Artillerie war seit 1910 restrukturiert worden. Die Feldartillerie bestand aus 36 Regimenter. Von diesen waren 12 den Korps zugeteilt und diese Regimenter bestand aus sechs Batterien zu vier Kanonen sowie einer Depot- und Nachschubs-Kompanie. Die 24 Regimenter bei Divisionen bestanden aus fünf Batterien und einer Depot-Kompanie.
Dieser Bestand wurde durch sieben Batterien aus Gebirgsartillerie, einem berittenen Artillerie-Regiment mit zwei Batterien und zwei schweren Artillerie-Regimentern mit zusammen 20 Batterien ergänzt.
Die meisten dieser Batterien wurden von Pferdegespannen gezogen, während zwei motorisierte Regimenter später gebildet wurden.
Die Festungsartillerie, zu der nun auch die Küstenartillerie gehörte, wurde in zehn Regimenter mit 15 neuen Kompanien reorganisiert und das Corpo Superiore Tecnico d’Arilieria wurde aufgestellt.

Dies war alles in allem ein ambitioniertes Programm, aber bis Mai 1915 hatte die italienische Armee 491 Artillerie-Verbände in Regimentsstärke, 134 in Gruppo (was gewöhnlich einer Brigade entsprach) und 355 unabhängige Batterien.
Die berittene Artillerie beinhaltete vier Einheiten und acht Batterien in der Stärke einer Gruppo. Dazu gab es 12 schwere Feldartillerie-Einheiten und 28 unabhängige Batterien in der Stärke einer Gruppo. Des weiteren 14 Einheiten aus Gebirgsartillerie in Regimentsstärke mit 56 Batterien in der Stärke einer Gruppo, 56 unabhängige Batterien sowie 20 Batterien, welche durch Maultiere transportiert wurden.
Es gab 52 Festungs-Artillerie-Einheiten in Stärke einer Gruppo mit 197 Kompanien, zuzüglich 40 Batterien Belagerungsartillerie.
Die ‚Mobile Miliz-Artillerie‘ bestand aus 63 Batterien, welche den Regiment-Depots von aktiven Regimentern zugeteilt waren.

Hochziehen Feldgeschütz Alpen
Italienische Artilleristen heben ein veraltetes 75mm-Deport-M1911-Feldgeschütz in eine Stellung in den Alpen an.
Trotzdem blieb die Artillerie die schwächste Waffengattung der italienischen Armee zu Beginn des Krieges. Es gab vor allem einen Mangel an 65-mm-Gebirgsgeschützen, welche durch Maultiere transportiert wurden und dies machte sich beim Krieg in den Alpen bemerkbar.
Die vorweg zusätzlich aufgeführten 20 Maultier-Batterien waren deshalb ursprünglich mit älteren 70-mm-Geschützen für die Infanterie-Unterstützung bewaffnet. Mit der Zeit konnten aber mehr 65-mm-Gebirgsgeschütze verfügbar gemacht werden, sodass die Gebirgs- und Maultier-Batterien damit vollständig ausgerüstet werden konnten. Zusammengenommen gab es 170 dieser Batterien bis zum November 1918.

Bis zum November 1918 hatte sich die Zahl der Feldartillerie-Batterien aber auf 490 Einheiten reduziert, da die Schlacht von Caporetto Ende 1917 zu schweren Einbußen geführt hatte.
Das bekannteste italienische Feldgeschütz war die von der britischen Firma Armstrong entworfene und in Italien gebaute Ansaldo-Schneider 149A. Die kurzläufige 149A M1916 wurde auch bei Ansaldo hergestellt, während gleichzeitig viele ehemalige 149B-Marinegeschütze für den Einsatz an der Landfront verfügbar gemacht wurden. Die 10-cm-Feldhaubitze wurde auch mit großem Erfolg verwendet.

Die schwere Artillerie hatte nur 112 Geschütze bei Kriegsbeginn. Dies waren 149-mm und 210-mm-Haubitzen. Wie alle anderen kriegführenden Mächte stellten die Italiener auch bald fest, dass der Mangel an schwerer Artillerie ein enormer Nachteil im statischen Grabenkrieg war.
Deshalb wurde die schwere Artillerie auf nicht weniger als 280 Batterien bis Kriegsende vergrößert. Es wurde aber Ende 1917, bevor gemischte Gruppen aus 105-mm und 149-mm-Geschützen jedem Armeekorps auf Dauer zugeteilt werden konnte. Später im Krieg erhielt dann sogar jede Infanterie-Division drei 149-mm-Batterien.

149-mm-Skoda-Haubitze Modell 1914 im Einsatz bei der italienischen Artillerie
Österreich-ungarische 149-mm-Skoda-Haubitze Modell 1914 im Einsatz bei der italienischen Artillerie.

Zusätzlich verwendeten die Italiener auch zahlreich erbeutete österreich-ungarische Artilleriegeschütze. So waren die Skoda-Haubitzen eigentlich ein Entwurf aus Österreich-Ungarn, aber die italienische Armee erbeutete sie während des Ersten Weltkrieges so zahlreich, dass sie im Zweiten Weltkrieg praktisch zur standardmäßigen italienische mittlere Feldhaubitze wurde.
Sowohl das Modell 14 als auch das Modell 14/16 wurden während des Ersten Weltkriegs von der österreichisch-ungarischen Armee eingesetzt und boten einen guten Dienst. Viele gingen in den italienischen Gebrauch über, so viele sogar, dass sie selbst 1940 noch die üblichen italienischen mittleren Haubitzen waren. Sie trugen bei den Italienern die Bezeichnungen Obice da 149/12 Modello 14 und Obice da 149/13.
Das Modell 14/16 von 1916 hatte einen etwas längeren Lauf um mehr Reichweite bei einer leichteren Granate als beim Modell 14 zu erzielen. Daher war die maximale Reichweite bei diesem Modell 8.790 Meter, während sie beim Vorgängermodell nur 6.900 Meter betrug.
Beide Skoda-Haubitzen, Modell 14 und Modell 14/16, waren solide und robuste Waffen, aber sie waren ziemlich schwer und im Vergleich zu andern zeitgemäßen Entwürfen und es mangelte ihnen an Feuerreichweite. Die Exemplare, welche von der Wehrmacht nach der italienischen Kapitulation von 1943 übernommen wurden, hießen dann 15-cm sFH 400(i) und sFH 401(i).

italienische mechanische Transportkolonne auf dem Rückzug
Eine italienische mechanische Transportkolonne auf dem Rückzug während der Schlacht von Caporetto.

Obwohl die Ausstattung der Küsten- und Festungsartillerie gemischt und oft veraltet war, wurden viele ihrer Kanonen während des Krieges an die Front verlegt, zusammen mit motorisierten Traktoren als Zugmaschinen. Der Großteil der älteren Modelle ging beim Rückzug von Caporetto verloren und musste mit italienischen, französischen und britischen Geschütztypen ersetzt werden.
Trotzdem stieg die ursprüngliche Stärke der Belagerungsartillerie von 40 auf 750 Batterien bis Kriegsende an. Diese waren mit 120-mm, 149-mm, 152-mm, 155-mm und 381-mm-Geschützen sowie 152-mm und 305-mm-Haubitzen plus 210- und 260-mm-Mörsern ausgerüstet.

Zu Beginn des Krieges war die Zusammenarbeit zwischen der italienischen Artillerie und Infanterie oft schlecht. Die Kanoniere zogen es vor, ganze Gebiete zu beschießen anstatt einzelne Ziele und taten wenig, um die österreich-ungarische Artillerie zu bekämpfen. Die Munitionsbestände waren nur für einen kurzen Krieg ausreichend, sodass auch Italien wie die anderen Kriegsteilnehmern bald seine ‚Granaten-Krise‘ hatte. Allerdings wurde die italienische Munitionsproduktion bald gesteigert und Nachschub traf auch aus Frankreich und Großbritannien ein.


Italienische schwere 305-mm-Haubitze
Italienische schwere 305-mm-Haubitze, bekannt als „schwerer Mörser auf einem De-Stefano-Wagen“. Dieses unverwechselbare System bestand aus vier großen und stabilen Eisenräder, die auf Schienen laufen, um den Rückstoß zu absorbieren.

Zeitgleich erfolgte eine ständige Verbesserung der Effektivität der italienischen Artillerie. So gelang es der italienischen Artillerie zum Beispiel im September 1916, die Haupt-Wasserpumpstation hinter der österreich-ungarischen Front schwer zu beschädigen.
In den Alpen wurde Fernartillerie gegen Eisenbahnlinien eingesetzt, wobei das Feuer oft über die Berge hinweg in die benachbarten Täler erfolgte. Dabei hatten die italienischen Kanonen nicht nur in steilen Richtwinkeln zu feuern, sondern mussten auch in Winkeln kleiner als der Horizont schießen können, um Ziele in den Tälern aus höher gelegenen Stellungen bekämpfen zu können.
Der italienischen Artillerie gebührte zumindest einmal der Erfolg, einen umfangreichen feindlichen Sturmangriff an der Piave-Front ganz alleine abgewehrt zu haben.

Das erste Flugzeug, welches in einem Krieg abgeschossen wurde, war eine italienische Maschine bei der Invasion von Libyen. Deshalb befand sich die italienische Armee unter den ersten, welche mit Flugabwehr-Geschützen experimentierte. Bis Ende 1916 hatten sie 25 Batterien und 315 einzelne Flugabwehrgeschütze in isolierten Stellungen. Dazu kamen 295 Maschinengewehre zum Einsatz gegen Flugzeuge vom Boden aus.
Einige 75-mm M1911-Feldgeschütze wurden auf Strukturen aus Holz oder Beton befestigt, wobei sich der Lafetten-Schwanz in einer manuell drehbaren Laufrolle befand. Schließlich wurden auch 75-mm-Krupp- und Erhardt-Flugabwehrkanonen neben fest eingebauten Kanonen und Maxim- und Hotchkiss-Maschinengewehren verwendet.

Das unverwechselbare Abzeichen der Artillerie an den Uniformen ihrer Angehörigen waren schwarze einseitige Kragen-‚Flammen‘, umrandet in orange-gelber Farbe. Dazu als Zeichen der Waffengattung gekreuzte Kanonen, welche von brennenden Granaten überragt waren. Die berittene Artillerie hatte gekreuzte Säbel, während die Festungsartillerie gekreuzte Gewehre hatte.


Quellenangaben und Literatur

Die Geschichte der Artillerie (John Batchelor, Ian Hogg)
The Illustrated Encyclopedia of Weapons of World War I (Chris Bishop)
An Illustrated History of the Weapons of World War One (Ian Westwell)


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