Kriegstagebuch 1939


Der Weg in den 2. Weltkrieg und das Kriegstagebuch für das Jahr 1939.
Monatliche Kriegstagebücher für September, Oktober, November und Dezember 1939.

 

Deutsche Infanterie auf dem Vormarsch
Deutsche Infanterie auf dem Vormarsch in Polen.

Friede in unserer Zeit

Chamberlain 'Friede in userer Zeit'
Chamberlain zeigt bei seiner Rückkehr nach London triumphierend das Papier mit dem Münchener Abkommen, das den ‚Frieden in unserer Zeit‘ bringen sollte.

In einer später berüchtigten Radiosendung vom 28. September 1938 klagte der britische Premierminister Chamberlain darüber: ‚Wie schrecklich und unglaublich erscheint es, dass wir Schützengräben ausheben und Gasmasken tragen sollen, wegen eines Streits in fernen Ländern, zwischen Menschen, über welche wir überhaupt nichts wissen‘.


Obwohl dieser sogenannte ‚Streit‘ offenbar zwei Tage später durch das Münchner Abkommen beigelegt wurde, war das Ergebnis nicht der ‚Frieden in unserer Zeit‘ – wie von Chamberlain verkündet – sondern lediglich eine Atempause über 5 1/2 Monate.

Bestärkt durch Verachtung und Hohn für die Leichtgläubigkeit des ’netten, alten Mannes‘, welchem er ja nur seine Unterschrift in München gegeben hatte, steigerte Hitler die Propaganda und den Druck auf die Tschechoslowakei und drohte dreist Prag in Ruinen zu bombardieren, wenn der schüchterne Präsident Hacha nicht auf seine Forderungen eingeht.
Am 15. März 1939 unterzeichnete Hacha eine Erklärung in Berlin, in welcher es lautete, dass um die ‚abschließende Befriedung zu erreichen, er zuversichtlich das Schicksal des tschechischen Volkes und Landes in die Hände der Führer des Deutschen Reiches legt.‘


Kriegstagebuch 1939

Kriegstagebücher zu den einzelnen Monaten des Jahres 1939:

deutscher He 111-Bomber über Warschau
Kriegstagebuch des Zweiten Weltkrieges für September 1939. Deutscher Angriff auf Polen, Großbritannien und Frankreich erklären Deutschland den Krieg, Bzura-Schlacht, russischer Read more
Polnische Verteidiger Warschaus marschieren in Kriegsgefangenschaft
Kriegstagebuch des Zweiten Weltkrieges für Oktober 1939. Ende des Polenfeldzug, Schlachtschiff Royal Oak versenkt und deutsch-russisches Handelsabkommen. Oktober 1939 Zurück Read more
Russische motorisierte Artillerieabteilung
Kriegstagebuch des Zweiten Weltkrieges für November 1939. Flug erstes Strahlflugzeug der Welt, Zossen-Verschwörung, Bürgerbraükeller-Bombenattentat, Dijle-Plan von den Alliierten angenommen, Mainila-Zwischenfall, Read more
Wrack des Panzerschiff Admiral Graf Spee
Kriegstagebuch des Zweiten Weltkrieges für Dezember 1939. Gefecht in der Mündung des Rio de la Plata, Völkerbund schliesst die Sowjetunion Read more

Ende der Appeasement-Politik

Der deutsche Einmarsch in die Tschechoslowakei am 15. März 1939 zwangen die britische und französische Regierung die ‚Appeasement‘-Politik aufzugeben.

Einmarsch der deutschen Truppen in Prag
Einmarsch der deutschen Truppen in Prag. Die Tschechen ballten die Fäuste.

Innerhalb von zwei Tagen gab Chamberlain eine öffentliche Verurteilung ab. Darauf folgte am Ende des gleichen Monats eine anglofranzösische Garantie zur Hilfe für Polen, welches offenbar das nächste Opfer Hitlers werden sollte: ‚Im Falle einer Handlung, die eindeutig die polnische Unabhängigkeit bedroht, und welche die polnische Regierung entsprechend zwingt, mit ihren nationalen Streitkräften Widerstand zu leisten … werden wir der polnischen Regierung alle in unserer Macht nur mögliche Unterstützung gewähren.‘

Am 26. April wurde als Reaktion auf Mussolinis Besetzung des kleinen Königreichs Albanien in Großbritannien die Wehrpflicht wieder eingeführt, ein einmaliger Vorgang in Friedenszeiten, ebenso wie es die Garantie für Polen in der britischen Außenpolitik gewesen war.
Darauf hin einigten sich Deutschland und Italien darauf, ihre Achse in ein formelles Militärbündnis umzuwandeln. Großbritannien und Frankreich schlossen Pakte mit der Türkei, Griechenland und Rumänien. Hitler war inzwischen damit beschäftigt, die Wiedergewinnung des polnischen Korridors, Danzig und letztlich die Zerschlagung des polnischen Staates vorzubereiten. Der Wehrmacht wurde öffentlich befohlen, bis zum 25. August 1939 für alle Eventualitäten bereit zu sein.

Eine große Frage blieb jedoch noch bestehen: Welche Rollen würden das sowjetische Russland und die USA in den heraufziehenden Konflikt spielen ?
Es gab wenig Zweifel über das vorläufige Verhalten der USA, denn gebunden durch drei selbst auferlegte Neutralitätsakte musste ein noch isolationistisches Amerika von seinem Präsidenten umworben werden, mehr Interesse in Europa zu zeigen, als an dem zwei Jahre alten chinesisch-japanischen Konflikt.

Es gab deshalb mehr Diskussionen darüber, welche Politik die Sowjetunion verfolgen würde. Die sogenannte ‚Friedensfront‘, welche Großbritannien und Frankreich aufbauen wollten und an welcher bis jetzt Polen, die Türkei, Griechenland und Rumänien teilnahmen, konnte niemals eine wirksame Abschreckung für Hitler ohne Russland sein.


Britische und russische Diplomaten trafen sich zwar in ständigen und herzlichen Konferenzen, welche aber fruchtlos blieben. Die sowjetische Presse beendet die Denunziation von Chamberlain wegen seines angeblichen Verrats an der Tschechoslowakei und der Londoner Times wurde ungewöhnlich still darüber, über die Mängel der sowjetischen Politik zu berichten.
Anfang Juni ging schließlich William Strang, ein hoher Beamter im Auswärtigen Amt und ein Experte in russischen Angelegenheiten, als Sonderbotschafter nach Moskau, um Gespräche über einen anglo-russischen Militärpakt einzuleiten.

Stalins Doppelspiel

Aber für diejenigen, welche offene Augen hatten, war zu erkennen, dass Stalin ein doppeltes Spiel betrieb. Während einer großen Rede am 28. April 1939 kündigte Hitler zwar den deutsch-polnischen Pakt von 1934 und das deutsch-englische Flottenabkommen von 1939 auf, ließ jedoch die übliche Hetze gegen den ‚jüdischen Bolschewismus‘ und die ‚monströsen Untermenschen‘ aus dem Kreml weg. Am 3. Mai wurde der diplomatische und britisch-freundliche Kommissar für Auswärtige Angelegenheiten, Litwinow, plötzlich gegen den grimmigen und provinziellen Molotow ersetzt. Einige Tage später traf auch ein neuer russischer Botschafter in Berlin ein und erhielt einen außergewöhnlich herzlichen Empfang.

Als Anfang August schließlich britische und französische Stabsoffiziere nach Moskau geschickt wurden, um Gespräche mit dem russischen Marschall Woroschilow zu beginnen, fanden sie sich bald in einem Kreislauf von mysteriösen Verzögerungen und Hindernissen wieder. Woroschilow verlangte Zustimmung zur russischen militärische Kontrolle über die baltischen Staaten und es gab endlose Diskussionen über geeignete militärische Gegenmaßnahmen gegen die ‚indirekte Aggression‘.
Die baltischen Staaten waren abgeneigt, ihre Neutralität zu gefährden und bevorzugten getrennte Nichtangriffspakte mit Deutschland auszuhandeln. Die Polen hielt immer noch an ihrer traditionellen Russen-Phobie fest.

Ribbentrop unterzeichnet deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt
Am 23. August 1939 unterzeichnete Reichsaußenminister von Ribbentrop den deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt mit der geheimen Zusatzvereinbarung über die Aufteilung Ost-Europas. Im Hintergrund steht links der sowjetische Außenminister Molotow und rechts Russlands Diktator Stalin.

Dann, am 19. August 1939 kündigte Stalin gegenüber dem Politbüro seine feste Absicht an, einen Pakt mit Deutschland zu schließen. Am 21. August wurde dann der bevorstehende Abschluss eines deutsch-sowjetischen Pakts in Berlin gegenüber einer erstaunten Welt bekannt gegeben.

Im Laufe des Tages versuchten die britischen und französischen Offiziere in Moskau, Woroschilow zu kontaktieren. Aber als der Leiter der französischen Militärmission schließlich mit dem russischen Marschall sprechen konnte, wurde er mit einem peinlichen Vortrag abgehandelt: ‚Die Frage der militärischen Zusammenarbeit mit Frankreich steht seit mehreren Jahren im Raum, wurde aber niemals vereinbart. Im vergangenen Jahr, als die Tschechoslowakei geopfert wurde, warteten wir vergeblich auf ein Signal aus Frankreich, aber es wurde keines gegeben. Unsere Truppen waren bereit … Die französische und englische Regierung haben nun die politische Diskussion zu lange verschleppt.‘

Am nächsten Tag traf Hitlers arroganter Außenminister von Ribbentrop in Moskau für die feierliche Unterzeichnung des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakts ein.

Der ‚unnatürliche‘ Hitler-Stalin-Pakt

Obwohl es auf den ersten Blick nach Churchills Worten ein ’so sehr unnatürlicher Pakt‘ war, hatte er eine gewisse machiavellistische Logik.

Stalin konnte sich aus dem drohenden Krieg in Europa heraus halten und den Kampf Deutschland und den westlichen Demokratien überlassen. Dies war insbesondere wichtig, als der sowjetische Führer vor kurzem erst Tausende von hohen Offizieren der Roten Armee hat liquidieren lassen.


Stalin glaubte, dass die westlichen Demokratien ihn immer wieder in einen Krieg mit Deutschland verwickeln wollten, und das diese hofften, aus einem deutsch-russischen Vernichtungskrieg unversehrt und dann überlegen hervorzugehen.

Ebenso herrschte in den Regierungen der westlichen Demokratien der Glaube vor, dass Stalin ein ähnliches Spiel mit Deutschland und ihnen selbst spielen wollte. Hitler seinerseits war im Wesentlichen nicht von der Ernsthaftigkeit der anglofranzösischen Garantien für Polen überzeugt und er trug sich mit dem Gedanken, ein weiteres ‚München‘ zu inszenieren.

Aber er war in jedem Fall entschlossen, Polen zu unterwerfen und konnte auch einen größeren Krieg im Westen riskieren, da er sich zum ersten Mal der Neutralität Stalins sicher war – oder noch besser, seiner Mithilfe und freundlicher Unterstützung. Dadurch verflog Hitlers größte Angst, der Zwei-Fronten-Krieg wie im 1. Weltkrieg von 1914 bis 1918.

Die westlichen Demokratien jedoch, wohl wissend, dass ein weiteres Nachgeben gegenüber Deutschland zu einem nicht wieder gut zu machenden Verlust ihres Einflusses und Ansehen führen würde, waren bereit, mit allen Mitteln Polen zu unterstützen.
Aber sie hatten Stalin wenig zu bieten, außer der eintönigen Wiederholung des Versprechens von der kollektiven Sicherheit, in welches er kein Vertrauen mehr hatte. Auch war ein Handel gegen die Unabhängigkeit der kleineren, osteuropäischen Staaten moralisch ausgeschlossen.


Polens Schicksal wird besiegelt

Karikatur über den Hitler-Stalin-Pakt
Der gänzlich unerwartete Freundschafts- und Nichtangriffspakt vom 23. August 1939 zwischen den weltanschaulichen Erzfeinden Nationalsozialismus und Bolschewismus inspirierte die Karikaturisten in aller Welt. Ein schwedischer Zeichner sieht die beiden Diktatoren Hitler und Stalin, durch den gemeinsamen Militärstiefel aneinandergebunden, auf Beute ausgehen.

Der veröffentlichte Text des Hitler-Stalin-Pakts war kurz und einfach. Die Vertragsparteien verpflichtet sich, auf jeden Akt der Gewalt gegeneinander zu verzichten und keine dritte Macht zu unterstützen, welche gegenüber einem von ihnen eine kriegsähnliche Handlung unternimmt.

Dazu sollen alle künftigen Streitigkeiten ‚in einem freundlichen Meinungsaustausch‘ geregelt werden. Der Pakt enthielt keine ‚Ausstiegsklausel‘ und sollte auf zehn Jahre gültig sein.

In einem geheimen Zusatzprotokoll gab Deutschland der UdSSR freie Hand in Finnland, Estland und Lettland, bestand aber darauf, dass Litauen im deutschen Einflussbereich bleibt.
Polen war aufzuteilen, wobei Deutschland den Löwenanteil erhalten soll, einschließlich Danzig, dem polnischen Korridor, Oberschlesien, Krakau und Warschau, während die Russen Weißrussland und die westliche Ukraine wieder besetzen sollen, Gebiete welche beide bis 1920 russisch gewesen waren.

All dies war kaum zu glauben für westliche Köpfe. Auch die deutsche und russische Bevölkerung war fassungslos und die japanische Regierung brach vorübergehend Verhandlungen über ein Militärbündnis mit Deutschland ab.

Am 25. August jedoch bestätigte Großbritannien die früheren Garantien für Polen in einer formalen englisch-polnische Allianz. Appelle an Hitler von Roosevelt und Chamberlain, eine päpstliche Friedensbotschaft und Angebote der Vermittlung durch Königin Wilhelmina der Niederlande und König Leopold III. von Belgien folgte eine Intervention von Mussolini eine Stunde vor Zwölf. Der Duce, in der Hoffnung seinen Erfolg als ‚ehrlicher Makler von München‘ zu wiederholen, schlug vor, dass eine Fünf-Mächte-Konferenz am 5. September ‚die Klauseln in dem Vertrag von Versailles prüfen sollte, welche die Ursachen des (polnisch-deutschen) Ärgers waren‘.

Deutsche Soldaten entfernen die Grenzschranken zu Polen
Deutsche Soldaten entfernen die Grenzschranken zu Polen am Morgen des 1. September 1939, dem Beginn des 2. Weltkrieges.

Ironischerweise war das, was den deutschen Angriff um einige Tage verzögert, Hitlers Erkenntnis in der letzten Minute, dass Mussolini nicht seine Allianz mit Deutschland einzuhalten gedenkt.

Am 29. August forderte Hitler einen polnischen Abgesandten mit Vollmachten ein, um über die Abtretung von Danzig und dem Korridor zu verhandeln. Dies hatte das unverwechselbare Echo früherer Forderungen an Österreich und an die Tschechoslowakei, sodass die polnische Regierung abgelehnte. Weitere deutsche Vorschläge in Form eines Ultimatums wurden vorbereitet, aber sie erreichten nie – und sollten es auch nie – die polnische Regierung rechtzeitig.

Bei Tagesanbruch am Freitag, dem 1. September 1939 griffen deutsche Truppen Polen zu Land, zu Wasser und in aus der Luft an. Keine Kriegserklärung war abgegeben worden, aber der 2. Weltkrieg hatte begonnen.


Quellenangaben und Literatur

Illustrierte Geschichte des Dritte Reiches (Kurt Zentner)
Chronology of World War II (Christopher Argyle)
A World at Arms – A Global History of World War II (Gerhard L. Weinberg)
Der 2. Weltkrieg (C. Bertelsmann Verlag)
Zweiter Weltkrieg in Bildern (Mathias Färber)


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